Grundsätzlich gehen sämtliche Veranwortlichen der Freien Schwimmer davon aus, dass alle bei uns aktiv schwimmenden Jugendlichen mit einer gesunden Mischung aus Spaß als auch Ehrgeiz ihre Ziele verfolgen und dafür -so oft es neben Schule und anderen Hobbies geht- trainieren.
Für Manche muss es unbedingt ein Sieg bei Olympia sein, Andere sind bescheidener und bereits mit einem Podestplatz bei Olympia zufrieden. Schon allein die Teilnahme bei Olympia ist erstrebenswert, an einer Weltmeisterschaft, Europameisterschaft, Deutschen Meisterschaft oder NRW-Meisterschaft.
Wenn der große Bruder bereits mehrfach an NRW-Jahrgangsmeisterschaften in Dortmund oder Bochum und dreimal an Deutschen Jahrgangsmeisterschaften in Berlin teilgenommen hat, ist das für eine kleine Schwester mit gleichem Fleiß nachahmenswert, nur sollte es trotz engagierter Teilnahme am Training, immerhin 5x pro Woche, bislang nicht sein.
Deshalb steckt Cynthia sich den Start bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften im Freiwasserschwimmen 2023 in Neutraubling bei Regensburg als Saisonziel, nachdem sie bereits 2021 in Münster einschlägige positive Erfahrungen gesammelt hat.
Nach etlichen Trainings-Kilometern im Barbarasee neben dem üblichen Übungseinheiten im Schwimmstadion holte sie sich den letzten Schliff vor zwei Wochen in Gronau, wo sie ihre 2500F-Zeit von 2021 deutlich unterbot. Geht da noch was?
Gemeinsam mit einem dreiköpfigen Team aus Chauffeurinnen/Chauffeuren, Mentaltrainerinnen/-trainern, Ernährungsberater*innen macht sie sich am Tag nach der Schulzeugnisausgabe auf den Weg nach Regensburg, ein kurzer Stopp am Hotel und weiter geht es zur Wettkampfstätte Guggenberger See in Neutraubling.
Es gibt eine numerierte Badekappe für sämtliche Teilnehmer*innen sowie armbanduhrähnliche Transponder für die Handgelenke und bei sonnigstem Sommerwetter ist Einschwimmen möglich, es ist Abend, der Strand ist voller Badegäste, die Wettkämpfe über 7,5 bzw. 10km der Supersportlichen sind vorbei, da ist ein Sprung in den See genau das richtige nach der langen Autofahrt. Fortsetzung nach den Fotos.
Es folgt ein Bummel in der Regenburger Altstadt mit Restaurantbesuch, wobei es drückend ist und nieselt, auch ein Wolkenbruch ist dabei.
Gut ausgeschlafen und ohne Zeitdruck gefrühstückt, geht es erneut mit dem Auto zum Guggenberger See, während vormittags männliche Teenager bis Jahrgang 2007 die zwei Runden à 1250 Meter absolvieren, sind die jungen Damen dieser Altersgruppe nach dem Mittag mit 2500 Meter Freistil dran.
Ärgerlich für alle, das Wetter ist am Wettkampftag nicht mehr so schön wie am Anreisetag, das sagte der Wetterbericht schon voraus. Vorteil, außer den Teilnehmern der Deutschen Meisterschaften sind keine Badegäste auf dem Gelände, doch drückt der dunkle Himmel ordentlich auf’s Gemüt. Wir wollen nicht allzu sehr jammern, das Wasser ist 25°C warm und die Lufttemperatur liegt knapp unter 20°C, nur vereinzelt nieselt es, aber ist ist den ganzen Tag ordentlich windig und die Wasseroberfläche dementsprechend bewegt.
Drei Läufe mit jeweils ca. 60 Schwimmerinnen gibt es, Cynthia startet ob ihrer Meldezeit in Lauf zwei. Jede Gruppe bekommt eine Sicherheitseinweisung, wo noch einmal alles rund um den Ablauf des Wettkampf besprochen wird, dann marschieren die Aktiven gleich einer Herde Richtung Start.
Das sollte man unbedingt einmal beobachtet haben, es ist gar nicht so einfach, unsere Vereinskameradin im Auge zu behalten, haben doch sämtliche Schwimmerinnen eine rote Kappe und eine Schwimmbrille auf, die Startnummer ist nicht gut lesbar, Cynthia hat die 27. In Ihrem Lauf starten gleichzeitig 65 Schwimmerinnen, auch das ein einmaliger Anblick. Fortsetzung nach den Fotos/Video.
Es ist müßig, darüber zu spekulieren, warum Cynthia mit 38:23,65 etwas langsamer ist als vor zwei Wochen in Gronau. Im Jahrgang 2007 mit 26 gestarteten Schwimmerinnen lässt sie sechs hinter sich und wird Zwanzigste bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften im Freiwasserschwimmen über 2500 Meter Freistil, das fühlt sich gut an, wenn man zu den Top20 von Deutschland zählt.
Der Betreuerstab? Die Staffel!
Neben Cynthia sind drei weitere FSD-Mitglieder vor Ort, wie man bereits gestern bei der Ausgabe der Transponder und der Kappen für die Aktiven bemerken konnte, sind die nicht nur zum zuschauen mitgereist. Diego ist eh immer durchtrainiert und in Bestform, Celia und Dirk hingegen haben im letzten halben Jahr hart an sich gearbeitet, um sich bei einer Deutschen Meisterschaft (offene Klasse, nicht Masters) trotz ihrer fortgeschrittenen Lebenserfahrung so teuer wie möglich zu verkaufen, auf Hochdeutsch: Nicht mit Abstand Letzte werden.
Der Tag kommt uns unendlich lang vor, abgesehen von Cynthias Wettkampf nur warten, eine angenehme Abwechslung am See ist der Besuch von Vanessa, die erstgeborene Tochter unseres Vorsitzenden Hape wohnt in der Umgebung von Regensburg. Laut Meldeergebnis soll der Start unserer 3x1250m-Freistil-Staffel um 17:15 Uhr sein, was schon grenzwertig ist, doch die 27 mixed-Staffeln der offenen Klasse starten erst nach 17:30, immerhin trifft es alle Mannschaften gleich, und die jeweils dritten Schwimmerinnen oder Schwimmer der Staffel werden erst nach 18:00 Uhr fertig sein.
Wir starten in der Reihenfolge Diego (gelbe Kappe 24a), Celia (24b) und Dirk (24c), Ziel ist es, als Team unter einer Stunde zu bleiben, weil man sonst disqualifiziert wird, das böse Wort heißt „Kappzeit“, welches wir bis heute noch nie vorher in unserem Leben gehört haben, aber Sportler*innen das Leben ähnlich erschwert wie „Pflichtzeit“.
Unser Startschwimmer Diego hält sehr gut mit im Feld der 27 Startschwimmer*innen, gewiss nicht Erster, so doch schätzungsweise im vorderen Drittel. Einen Staffelstab wie in der Leichtathletik gibt es nicht, man muss seine Mannschaftskameradin/ seinen Mannschaftskameraden „abklatschen“, heißt so berühren, dass die Kampfrichter das sehen.
Was wir heute lernen: Sämtliche Startschwimmer*innen suchen nach der 1250-Meter-Runde ihre Nachfolgerin/ ihren Nachfolger zum abklatschen, was bei 27 potentiellen Nachfolgerinnen/Nachfolgern, alle mit gelben Kappen und durch die Brille wahrlich nicht erkennbaren Zahlen, durchwachsen ist. Deshalb sollte die Nachfolgerin/ der Nachfolger einen markanten Gegenstand in die Höhe halten, was für die Zuschauer schon recht lustig anzusehen ist.
Da wir in Unkenntnis dieser Vorgehensweise so etwas markantes nicht aus Duisburg mitgebracht haben (ein Miniatur-Lifesaver?), nehmen wir dafür Diegos Trainingsbadehose, in Regenbogenfarben mit Einhorn. So wartet Diegos Mutter Celia mit der Einhornbadehose, bis Diego zu ihr kommt, abschlägt, die Badehose abnimmt und sie sozusagen auf die Reise schickt. Auch Celia hat 1250 Meter zu schwimmen, wie im Sport üblich, so schnell sie kann.
Dazu muss erwähnt werden, dass die älteste Schwimmerin des gesamten Wettkampfs, die nicht Celia heißt, 23 Jahre alt ist. Unsere Aktive hat nun die Aufgabe, den Vorsprung, den unser Startschwimmer gegenüber einer Vielzahl anderer Mannschaften herausgeschwommen hat, so gut wie möglich gegen möglichst viele Verfolger*innen zu verteidigen.
Ob das gelingt, ist schwer zu sagen, nachher berichtet sie, sie hätte gewiss niemanden überholt, wurde jedoch selbst von etlichen Konkurrentinnen bzw. Konkurrenten überholt. So stehe auch ich als Schlussschwimmer unserer Staffel mit der 24c auf der Kappe sowie der Einhornbadehose winkend an der Abklatschstelle, habe keinen Überblick, wo wir aktuell im Feld der 27 Staffeln stehen? Naja, ich bin mir sehr sicher, dass ich auf meiner 1250-Meter-Runde nicht um einen Medaillenrang kämpfe.
Ich schwimme eh, so schnell ich kann, wir müssen das schaffen, unter einer Stunde zu bleiben, wie in der Ausschreibung steht. Da stand zwar nichts von Wind und Wellen, doch das Wort Freiwasser tauchte wohl auf und so müssen wir drei uns mit den örtlichen Gegebenheiten arrangieren. Auf der dritten Bahn (im Süden quer über den See von West nach Ost) überhole ich eine Konkurrentin, sofern die nicht zum Konter ansetzt und/oder ich einbreche, haben wir, egal an welcher Position liegend meine Frau an mich übergeben hat, schon mal ein Team hinter uns.
Sehr gut zu wissen, doch wie gesagt darf ich nicht einbrechen, was leichter gesagt als getan ist, denn wie alle Familienmitglieder später erwähnen, ist die vierte Bahn am Ostufer von Süden nach Norden ob des Windes, der Wellen als auch der schwindenden Kräfte die härteste der vier Bahnen. Das Überholen gibt mir positive mentale Energie, doch kann ich mich nicht darauf ausruhen, dass wir als Team ein anderes Team hinter uns lassen, denn das Schwert im Nacken, unter der Kappzeit bleiben zu müssen, zwingt mich, die Zähne zusammen zu beißen und Meter für Meter (ab der letzten Boje „nur“ 380 Meter Endspurt) gegen Wind und Wellen zu kämpfen.
Unsere Mühen werden belohnt, als ich mit dem Transponder am Handgelenk im Ziel anschlage, steht auf der halbwegs gut vom Zielgarten aus sichtbaren Uhr eine 58 mit irgendwas dahinter, welch eine Erleichterung, weit entfernt von den 60 Minuten und der damit einhergehenden Disqualifikation. Beide selbst gesteckten Ziele haben wir mit der Familien-Staffel erreicht, unter der Kappzeit zu bleiben und nicht Letzte werden, deutlich, denn nicht nur eine, sondern zwei Staffeln lassen wir hinter uns.
Wir belegen bei den Internationalen Deutschen Meisterschaften im Freiwasserschwimmen mit unserer 3×1250-Meter-Familienstaffel in 58:14,16 Platz 25 in der offenen Wertung, man darf dazu erwähnen, dass der älteste Teilnehmer des gesamten Wettkampfes, der nicht Dirk heißt, 36 Jahre alt bzw. 20 Jahre jünger als ich ist. So ist Cynthia auf ihre Begleiter ebenso stolz wie wir auf sie.